Ob Müslis, Puddingpulver, Fruchtgrütze im Becher oder fertiger Marmorkuchen – der Lebensmittelhersteller Dr. Oetker hat bei zahlreichen Produkten die Füllmengen reduziert, die Preise aber belassen. Laut der Verbraucherzentrale Hamburg sind dort in den vergangenen Wochen mehr als 100 Beschwerden zu Produkten von Dr. Oetker eingegangen. Meist sei es um »Shrinkflation« gegangen. Damit wird das Phänomen bezeichnet, dass Verpackung und Preis gleich bleiben, der Inhalt des Produkts aber weniger wird.
Es seien verschiedene Produkte aus mehreren Warengruppen betroffen, so die Verbraucherschützer. Besonders häufig gehe es um Waren mit Kakao oder Schokolade. Demnach sind Schokomüslis, Puddingpulver und Fruchtgrütze bis zu 50 Prozent teurer geworden, weil die Füllmenge gesunken ist.
Die Verbraucherschützer fragten den Lebensmittelkonzern zu mehreren Produkten an und erhielten durchaus ausführliche Antworten .
Beispiel Müsli: Nach Angaben von Dr. Oetker sind 13 Müslis der Marke Vitalis von den Preiserhöhungen betroffen. Die Produkte verteuern sich um fünf bis 50 Prozent. So sei beim Schokomüsli feinherb die Packungsgröße von 600 Gramm auf 400 Gramm reduziert worden. Das Produkt koste aber weiterhin 3,99 Euro. Das entspreche einer Preissteigerung von 50 Prozent.
Beispiel Puddingpulver: Bei drei Sorten Schokopudding verringerte sich die Anzahl der Beutel pro Packung von drei auf zwei. Bei einem gleichbleibenden Preis von 99 Cent entspreche das einer Preiserhöhung von 50 Prozent, so die Verbraucherschützer.
Beispiel Fruchtgrütze: Bei drei Sorten der Süßspeise im Becher wurde die Füllmenge von 500 Gramm auf 400 Gramm reduziert, der Preis blieb mit 2,79 Euro aber gleich. Der Inhalt verteuerte sich also um 25 Prozent.
Beispiel Marmorkuchen: Hier fallen die Minikuchen inzwischen kleiner aus. Der Inhalt schrumpfte von 172 auf 140 Gramm. Bei gleichem Verkaufspreis von 2,79 Euro entspricht dies einem Preisanstieg um 23 Prozent, rechnen die Verbraucherschützer vor.
Wie begründet Dr. Oetker die veränderten Packungsinhalte?
Auf Anfrage der Verbraucherzentrale teilte das Unternehmen mit, es gebe aktuell eine Vielzahl ungewöhnlicher Umstände, die einen immensen Einfluss auf die Kosten der Nahrungsmittelproduktion vieler Lebensmittelhersteller hätten und sich folglich auf die Preisgestaltung von Nahrungsmitteln auswirkten.
Genannt werden etwa gestiegene Produktionskosten, Probleme in Lieferketten, schlechte Ernten, auch infolge des Klimawandels, und Preissteigerungen durch Spekulation. »Besonders drastisch ist der Preisanstieg bei Kakao«, schrieb Dr. Oetker. »Leider können wir diese Kostensteigerungen nicht mehr durch andere Einsparmaßnahmen ausgleichen und müssen das in unserer Preisgestaltung berücksichtigen.«
Wie bewerten die Verbraucherschützer das Vorgehen von Dr. Oetker?
Für manche vielleicht überraschend: Die Verbraucherzentrale findet sogar lobende Worte für Dr. Oetker. Es sei eines der wenigen Unternehmen, das »Shrinkflation« zumindest offen gegenüber seinen Kundinnen und Kunden kommuniziere. So weise die Firma auf den Verpackungen direkt auf der Vorderseite auf die Reduzierung der Füllmengen hin. In einer farblich hervorgehobenen Infobox heißt es etwa: »Weniger Inhalt. Unveränderte Qualität.«
»Das ist transparenter als bei den meisten anderen Herstellern«, so die Verbraucherschützer. Zusätzlich gebe es QR-Codes, die auf Webseiten mit Erklärungen verweisen. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung. Aber aus Sicht der Verbraucherzentrale ginge es noch genauer. Denn die exakte Füllmengenreduzierung gebe das Unternehmen in den meisten Fällen nicht an. Also etwa, dass statt 600 Gramm nun nur noch 400 Gramm in der Packung sind. Nur beim Puddingpulver stehe tatsächlich »ein Beutel weniger« drauf.
Die von Dr. Oetker angeführten Preisanstiege können die Verbraucherschützer so nicht immer nachvollziehen. Zwar seien etwa die Kakaopreise in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Doch wie teuer genau der Einkauf von Kakao für das Unternehmen wurde, bleibe unklar.
Als Beispielrechnung wird ein Beutel Pudding herangezogen: Dieser enthalte rund 7 Gramm fettarmes Kakaopulver und koste durch die Preiserhöhung jetzt rund 16 Cent mehr. Beziehe man die Preiserhöhung nur auf das Kakaopulver im Beutel, entspräche das einem Kakaopreis von über 24 Euro pro Kilogramm, so die Verbraucherschützer. Das sei weit mehr, als Verbraucher für Kakaopulver im Supermarkt bezahlen. »Ganz zu schweigen von den Einkaufspreisen, die multinationale Konzerne wie Dr. Oetker mit ihren Lieferanten aushandeln.«
Das Fazit der Verbraucherschützer: Die Preiserhöhungen des Unternehmens wirkten »zum Teil überzogen – besonders bei Produkten, die Kakao enthalten«. Es brauche klarere Angaben auf den Verpackungen, um Füllmengenreduzierungen für Verbraucherinnen und Verbraucher noch transparenter zu machen.
Alte und neue Verpackung im Vergleich: Hinweis in grün
Foto: Verbraucherzentrale Hamburg