Coin Grund zur Panik?

1. Stütze der Gesellschaft

Friedrich Merz steckt in einem 3D-Konflikt, wie es meine Kollegin Marina Kormbaki aus unserem Hauptstadtbüro nennt. Die eigenen Leute und die CSU muss er bei Laune halten. Die Grünen braucht er für die Megaschulden, die er für Bundeswehr und Infrastruktur aufnehmen will. Und mit der SPD muss er in den Sondierungen ein Fundament für die künftige Koalition gießen. (Mehr dazu hier .)

Die Gespräche von Union und Sozialdemokraten gehen in die entscheidende Phase. Am Abend und am Wochenende wird wohl weiterverhandelt. Neben der Migration gehört das Bürgergeld zu den Konfliktthemen. Allerdings sind die Positionen nicht unvereinbar, wie meine Kollegen Markus Dettmer und Florian Diekmann berichten : »Ein schwarz-roter Kompromiss könnte genau die Reform sein, die Deutschland jetzt braucht.«

Weniger Dogmatismus, mehr Pragmatismus müsse die Leitlinie sein, sagt Florian: »Das Bürgergeld bietet viele Instrumente, mit denen Sozialarbeiter den Leuten passgenau helfen können.« Ebenso wahr sei aber, dass das System jenen keine Zähne zeige, die es demonstrativ ausnutzen. Mehr Sanktionen, neuer Name (»neue Grundsicherung«?), aber leider wenig Sparpotenzial – so könnte es, grob verkürzt, gehen.

  • Die ganze Geschichte hier: »Wir haben keine Handhabe gegen Arschlöcher« 

2. Trumps Krypto-Need

Die Schwachstelle von Superman, das weiß jedes comicdurchblätternde Kind, heißt Kryptonit: Das Mineral stammt von seinem Heimatplaneten Krypton und raubt dem Stählernen alle Kraft. Zum ersten Mal kam es nicht in einem Comic vor, sondern 1943 in der damals populären Superman-Radioshow  – das hatte nicht nur dramaturgische Gründe. Damit die Sprecher mal frei machen konnten, musste die Figur außer Gefecht gesetzt werden können.

Ähnlich ambivalent verhält es sich mit Kryptowährungen: Superkraft oder Teufelszeug? Einen Boost hatte sich die Branche vom selbst ernannten »Kryptopräsidenten« Donald Trump erhofft. Der hat jetzt per Dekret tatsächlich eine staatliche strategische Reserve für Bitcoin und Co. eingeführt. Wenn etwa Behörden bei einem Kriminellen Bitcoins beschlagnahmen, wandern sie in diese Reserve. Zudem darf der Staat sich weitere Bitcoins beschaffen, will dafür aber angeblich kein Steuergeld ausgeben (hier mehr). Heute Abend empfängt Trump prominente Vertreter der Branche. Es soll um sein Ziel gehen, die USA zur »Kryptohauptstadt der Welt« zu machen.

»Mit der Reserve adeln die USA diese notorisch schwankenden Währungen«, sagt mein Kollege Michael Brächer aus unserem Wirtschaftsressort. »Sie nehmen Bitcoins auf ihre Bilanz, was der Branche als weiteres Verkaufsargument dienen dürfte.« Auch Kryptoregeln für Banken hat Trump lockern lassen, wie Michael zusammen mit den Kollegen Tim Bartz und Marcel Rosenbach berichtet: »Das freut die Branche, auch in Europa. Doch Kritiker fürchten die nächste Finanzkrise.« (Mehr dazu hier. )

Leider ist Superman nie US-Präsident geworden. Das schaffte nur sein Gegenspieler Lex Luthor, ein korrupter, milliardenschwerer, skrupelloser Konzernlenker und Narzisst. Verrückt, diese Comics!

  • Alle Hintergründe hier: Trumps Pläne lassen die Kryptobranche jubeln. Und wecken die Sorge vor einem neuen Crash. 

3. All-Macht Europa

Noch ein Superman-Zitat: »Ist es ein Flugzeug, ist es ein Vogel?« Nein, es ist eins von Elon Musks Starships. Allerdings ist es kurz nach dem Start explodiert. Amateurvideos zeigen, wie Teile des Raumschiffs am Himmel verglühen. Nicht der erste missglückte Testflug. Dennoch dominiert Musk den Markt für Transportflüge ins All, das Starship ist nicht seine einzige Rakete. Seine wiederverwendbare Falcon 9 bringt verlässlich Satelliten ins All.

Da wirkt die europäische »Ariane 6« fast ein bisschen altbacken, die gerade zu ihrem ersten kommerziellen Einsatz gestartet ist. Die Schwerlastrakete bringt einen französischen Spionagesatelliten in den Orbit. »Das zeigt die tatsächliche Bedeutung der Rakete in geopolitisch herausfordernden Zeiten«, sagt mein Kollege Christoph Seidler. »Sie sichert Europa einen eigenen Zugang zum All.«

  • Hier alle Hintergründe: Wieso Europas B-Rakete jetzt Gold wert ist 

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Trump droht Russland mit Zöllen und Sanktionen: Wegen der jüngsten Angriffe gegen die Ukraine erwägt der US-Präsident neue Strafmaßnahmen gegen Russland.

  • Schwere Gefechte zwischen Regierungstruppen und Assad-Anhängern: Syrien erlebt die heftigsten Kämpfe seit dem Sturz von Baschar al-Assad. Bei Gefechten zwischen seinen Anhängern und Regierungstruppen im Westen des Landes sind offenbar Dutzende Menschen getötet worden.

  • Ver.di will am Montag elf Flughäfen mit Warnstreiks lahmlegen: Im Tarifstreit des öffentlichen Diensts zündet Ver.di die nächste Eskalationsstufe. Die neue Warnstreikwelle zielt auf empfindliche Infrastruktur – am Montag sind elf Flughäfen an der Reihe.

  • Ein Hauch von Sommer liegt in der Luft: Nachts noch frostig, tagsüber schon richtig warm: Am Wochenende locken sonniges Frühlingswetter und Temperaturen bis zu 20 Grad. Allergiker müssen jetzt stark sein.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Gericht verurteilt Agentenring um Jan Marsalek

Die Jury in London ist überzeugt: Ein Netzwerk um Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek hat für Russland spioniert. Wie Recherchen von SPIEGEL und »The Insider« zeigen, arbeiteten die Agenten wohl für eine berüchtigte Geheimdienstabteilung.

  • Hier finden Sie den Bericht meines Kollegen Roman Lehberger 

Was heute weniger wichtig ist

The King’s Playlist: König Charles III., 76, Verteidiger des Glaubens, hat für das Format »The King’s Music Room« von Apple Music einige Songs ausgewählt, die ihm persönlich Freude bereiten, darunter sind Lieder von Bob Marley, Kylie Minogue und Grace Jones. Veröffentlicht werden soll das Ganze am Montag, dem Commonwealth-Tag. In einem Trailer sagt der Monarch: »Mein ganzes Leben lang hat mir die Musik viel bedeutet. Ich weiß, dass das auch für viele andere der Fall ist.«

Mini-Hohl

Hier finden Sie den ganzen Hohl.

Cartoon des Tages

Und am Wochenende?

Könnten Sie die neue Platte »Mayhem« von Lady Gaga hören. Fünf Jahre nach dem letzten ist heute ihr siebtes Studiosoloalbum erschienen. Mein Kollege Jurek Skrobala findet, es klingt »wie die Vertonung jener Vielschichtigkeit, die dieser Tage so bedroht scheint wie lange nicht«.

Gaga selbst steht für diese Vielschichtigkeit. Sie ist Popikone, brillierte aber auch an der Seite von Jazzsänger Tony Bennett. Sie wird als Sängerin und Schauspielerin gleichermaßen ernst genommen, setzt sich öffentlich für trans Personen ein und ist bei aller Exzentrik eine Musikerin mit klarer Haltung. »Keine Kunstfigur der Popkultur verkörpert so brachial und so schön multiple Persönlichkeiten«, findet Jurek (hier mehr dazu ).

All we hear is Radio Gaga. Ihnen ein schönes Wochenende,

Ihr Oliver Trenkamp, Blattmacher in der Chefredaktion

Merz: 3D-Konflikt moderieren

Foto:

Florian Gaertner / IMAGO

Selbst-Kryptnose: Trump und wie er sich selbst sieht

Foto: AFP

»Ariane 6« in Kourou: Geopolitisch herausfordernde Zeiten

Foto: Julien de Rosa / AFP

Fahndung nach Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek: Drecksarbeit für FSB und GRU

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa
Foto: The King's Music Room / PA Media / dpa

Aus dem Inhaltsverzeichnis des Hauseigentümermagazins in Baden »Haus und Grund«

Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

Thomas Plaßmann

Albumcover von »Mayhem«: Liebe und Tod liegen hier nah beieinander

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