1. Friedensverhandlungen in Riad
Seit heute Morgen verhandeln Russland und die USA in Saudi-Arabien über die Zukunft der Ukraine. Schon gestern trafen US-Vertreter eine ukrainische Verhandlungsgruppe zu ersten Gesprächen. Pendeldiplomatie nennt man das. Dabei sollen sich Russland und die Ukraine nach und nach auf Schritte einigen, die den Krieg zwischen den beiden Ländern stoppen.
Dem Vorschlag von US-Präsident Donald Trump über eine befristete Waffenruhe hatte kürzlich zwar die Ukraine, nicht aber Russland zugestimmt.
Heute geht es um kleinere Teilziele, darum, die gegenseitigen Angriffe auf die Energieinfrastruktur zu stoppen und das Getreideabkommen von 2022 wiederzubeleben. »Das würde einen Waffenstillstand auf dem Schwarzen Meer bedeuten«, sagt mein Kollege Alexander Kauschanski. Bis es zu einem echten Waffenstillstand komme, werde es aber noch dauern: »Bislang ist keine der Parteien bereit dazu, von ihren Positionen abzurücken: Der Ukraine geht es um ihr Überleben, Russland will seinen Nachbarn politisch unterwerfen und militärisch entmachten.«
Alexander berichtet immer wieder aus der Ukraine. Zuletzt hat er dort Frauen getroffen, die von brutalen Übergriffen, Demütigungen und Vergewaltigungen durch russische Soldaten berichten. Was sie schildern, ist grauenhaft. Aber es ist wichtig, dass sie ihr Schweigen brechen, damit deutlich wird, wieso dieser Krieg endlich enden muss.
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2. Name für künftige Regierung gesucht
Bis 17 Uhr hatten die Facharbeitsgruppen von Union und SPD heute Zeit, um ihre bisherigen Ergebnisse zu den Koalitionsverhandlungen einzureichen. Jetzt soll die große Runde mit den Parteichefs möglichst schnell Lösungen für alle Streitpunkte finden, damit es losgehen kann mit der neuen schwarz-roten Regierung. Was den möglichen nächsten Kanzler Friedrich Merz allerdings auch beschäftigt, ist, wie seine Koalition dann heißen könnte.
Angesichts der knappen Mehrheit könne von einer Großen Koalition keine Rede mehr sein, findet er. Von der »Bild«-Zeitung gefragt, wie er das Bündnis mit der SPD stattdessen nennen würde, antwortete Merz genauso spaßbefreit, wie man es von ihm erwartet: »Vielleicht schwarz-rote Arbeitskoalition oder Koalition von Aufbruch und Erneuerung.« Schon vergangene Woche hatte Generalsekretär Carsten Linnemann von der »Einfach-mal-machen-Koalition« gesprochen.
Das wird sich natürlich nicht durchsetzen. Wir haben deshalb unsere Leserinnen und Leser gefragt, ob sie kreativere Ideen haben. Und sie haben. Da wäre etwa die »Vorwärts-Koalition« (»Man will nicht unbedingt perfekt sein, aber in der Sache substantiell vorankommen«) oder die »Letzte-Chance-Koalition« (analog zur Letzten Generation). Und, etwas gehässig, das »Allgemeine Diskriminierungsbündnis« (»weniger Frauen, Ausländer raus, Steuererleichterungen nur für Reiche«).
Mein persönlicher Favorit stammt aber von meinem geschätzten Kollegen Stefan Kuzmany, der die RamboZambo-Koalition in den Raum geworfen hat: »Regieren, allerdings mit bescheidener ostdeutscher Zustimmung, aber mehrheitlich beliebtem Opa«. Wenn Ihnen noch was Besseres einfällt, diskutieren Sie mit.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Merz wünscht sich neuen Namen für künftige Koalition
3. Solidarität mit İmamoğlu
Die SPD fordert die sofortige Freilassung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu. »Mit Sorge und Bestürzung« verfolge man den »kontinuierlichen Abbau der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei«, heißt es in einem Beschluss des SPD-Präsidiums, der dem SPIEGEL vorliegt. Die Inhaftierung von İmamoğlu sei ein »Angriff auf freie Wahlen in der Türkei«.
SPD-Chef Lars Klingbeil war zuletzt im Herbst 2024 in der Türkei. Dort hat er mit dem CHP-Vorsitzenden Özgür Özel ein Abkommen zur engeren Zusammenarbeit unterzeichnet. Im Rahmen seines Besuchs traf Klingbeil auch İmamoğlu.
Der sitzt seit vergangener Woche in Untersuchungshaft. Dagegen gehen seit vergangener Woche jeden Abend Menschen auf die Straße. Sie glauben, dass die polizeilichen Ermittlungen gegen İmamoğlu politisch motiviert sind.
Entsteht da gerade eine neue Protestbewegung, die dem Präsidenten Erdoğan gefährlich werden kann? »Entscheidend wird sein, ob es gelingt, den Widerstand über Wochen und Monate aufrechtzuerhalten«, sagt meine Kollegin Anna-Sophie Schneider, die über die Proteste berichtet. »Bisher ist das schwer abzusehen.«
Unstrittig ist, dass die Proteste von Tag zu Tag wachsen. Inzwischen sind Hunderttausende auf den Straßen, trotz Demonstrationsverbot. Zuletzt setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstrierenden ein. Laut Innenministerium wurden Hunderte Menschen festgenommen.
»Eine Schlüsselrolle bei den Protesten spielen Studierende«, sagt Anna-Sophie. »Sie haben in der vergangenen Woche eine Polizeibarrikade durchbrochen – und vielleicht auch die Ohnmacht vieler Menschen im Land.«
Sehen Sie hier mehr: Massendemos und Wasserwerfer
Was heute sonst noch wichtig ist
Russische Region zahlt Schülerinnen Schwangerschaftsprämie: Der Kreml will die rückläufige Geburtenrate in Russland wieder in die Höhe treiben. Eine Region erlässt nun eine umstrittene Maßnahme, um der demografischen Krise zu begegnen.
Saarland will Handys und Smartwatches an Grundschulen verbieten: Nutzung einschränken, Medienkompetenz fördern: Im Saarland soll ein grundsätzliches Handyverbot an Grundschulen kommen. In der Praxis dürfte die neue Regelung aber nicht viel ändern.
Was Sie über die Vogelgrippewelle in den USA wissen müssen: Britische Behörden haben den ersten Fall von Vogelgrippe bei einem Schaf entdeckt. Was ist der Stand und wie gefährlich ist das Virus für Menschen?
Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt: Die Generalstaatsanwaltschaft München hat gegen fünf Klimaaktivisten Anklage erhoben: Die Letzte Generation soll eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Eine der Beschuldigten sieht das Recht auf Protest in Gefahr.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
So bereiten Sie Ihre Gadgets auf die US-Grenzkontrollen vor: Daten und Fotos vom Smartphone löschen, Accounts sperren, Laptop-Festplatten verschlüsseln: Welche Vorsichtsmaßnahmen sind sinnvoll, falls US-Grenzbeamte die Geräte durchsuchen wollen?
Was heute weniger wichtig ist
Schluss mit Romantik: Der Schauspieler George Clooney, 63, lässt die Hollywood-Romantik hinter sich. »Ich mache keine Liebesfilme mehr«, sagte er in einem Interview mit dem US-Sender CBS News. Stattdessen gab er gerade sein Debüt am Broadway, in dem es weniger um Liebe als um Pressefreiheit geht. »Ich versuche nicht, mit 25 Jahre alten Hauptdarstellern zu konkurrieren. Das ist nicht mein Job.«
Mini-Hohl
Hier finden Sie den ganzen Hohl.
Cartoon des Tages
Und heute Abend?
Neulich wurde ich von einem Leser gerügt, weil ich an dieser Stelle ein Buch empfohlen habe. Abends habe keine Buchhandlung mehr auf, wie solle er sich das Werk besorgen? Heute Abend empfehle ich Ihnen wieder die Lektüre eines Buches, allerdings keines bestimmten. Meine Kollegen haben einen Kanon der besten 100 Bücher der Welt zusammengestellt. Darunter sind Klassiker und echte Geheimtipps. Es ist schon abendfüllend, in dieser Sammlung zu stöbern und nachzulesen, wieso die Wahl etwa auf »Harry Potter« oder auf »Seitenwechsel« von Nella Larsen fiel. Vielleicht dient der Kanon aber auch als Inspiration, in einen Roman, der seit Jahren in Ihrem Bücherregal steht, mal wieder reinzulesen.
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihre
Laura Backes, Autorin
Luxushotel Ritz-Carlton in Riad
Foto: Wang Dongzhen / XinHua / dpaCDU-Chef Merz
Foto: Clemens Bilan / EPADie Proteste gegen die Verhaftung des türkischen Oppositionspolitikers İmamoğlu halten an. Die Polizei setzt vielerorts Wasserwerfer und Tränengas ein, es gab zahlreiche Festnahmen.
Foto: Pavel Nemecek / CTK Photo / IMAGOElektronische Geräte bei der Flughafenkontrolle: Die Grenzschutzbehörde CBP darf Geräte durchsuchen
Foto:Chalabala / iStockphoto / Getty Images
Aus der »Dorstener Zeitung«
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Klaus Stuttmann
[M] DER SPIEGEL, Foto: Erli Grünzweil / DER SPIEGEL