Klingbeil oder Dobrindt – wer wird Finanzminister?
Die Ministerien werden am Schluss verteilt, heißt es immer so schön in der Politik, wenn Parteien über die Bildung einer neuen Regierung verhandeln. Soll bloß niemand auf die Idee kommen, es gehe den Beteiligten um Macht und Posten.
In Wahrheit machen sich natürlich alle sehr wohl frühzeitig ihre Gedanken, wer für welchen Job infrage kommt. Wäre doch abwegig zu glauben, dass Friedrich Merz, wenn alle inhaltlichen Punkte geklärt sind, in die Runde fragt: So, wer will denn Finanzminister werden?
Wenn heute die 19 Spitzenverhandler von CDU, CSU und SPD in der Parteizentrale der Sozialdemokraten vor allem übers Geld sprechen, dann bringen sich also unweigerlich auch die möglichen künftigen Hüter der Staatskasse in Stellung (ohne allzu offen Ansprüche anzumelden).
Lars Klingbeil zum Beispiel. Der Partei- und Fraktionschef ist der starke Mann bei den Genossen, trotz des katastrophalen Wahlergebnisses, das er mitzuverantworten hat (lesen Sie hier, warum ihm das bisher nicht schadet ). Zwar ist Klingbeil bisher eher als Außen- und Sicherheitspolitiker aufgefallen, aber er hat der Union das Infrastruktur-Sondervermögen abgerungen und könnte als mächtiger Finanzminister die Verteilung der 500 Milliarden überwachen.
Sollte die Union den obersten Kassenwart lieber selbst stellen wollen, wäre Alexander Dobrindt ein Kandidat. Markus Söders Mann in Berlin hat in der CSU den ersten Zugriff auf ein Ministerium – wenn es ihn denn überhaupt ins Kabinett zieht. Dobrindt ist seit mehr als sieben Jahren Chef der CSU-Landesgruppe und wäre auch als solcher in jeder wichtigen Koalitionsrunde mit dabei. Gut möglich, dass er seinen bisherigen Job der Kabinettsdisziplin vorzieht.
Wenn ich wetten müsste: Ich tippe auf einen Finanzminister und Vizekanzler Klingbeil.
Mehr Hintergründe hier: Wer könnte im Kabinett sitzen – außer Friedrich Merz?
Es ist »arschkalt« in Grönland
Heute ist der Tag des Avannaata Qimussersua. Das »Große Rennen des Nordens« findet statt in Sisimiut an der Westküste Grönlands – es ist die nationale Meisterschaft im Hundeschlittenrennen und zugleich, so heißt es, das wichtigste kulturelle und gesellschaftliche Ereignis auf der Rieseninsel zwischen Nordatlantik und Nordpolarmeer.
Warum erzähle ich Ihnen das? Das Avannaata Qimussersua ist in diesem Jahr auf einen Schlag ins Rampenlicht geopolitischer Spannungen gerückt. Usha Vance wollte nämlich vorbeischauen, die Gattin des US-Vizepräsidenten, dessen Boss sich Grönland bekanntermaßen einverleiben möchte. Kein Wunder also, dass die Organisatoren nicht glücklich waren über den angekündigten Besuch aus Amerika.
Usha Vance hat schließlich ein Einsehen gehabt. Gemeinsam mit ihrem Mann J.D., Sicherheitsberater Mike Waltz und Energieminister Chris Wright verzichtete sie angesichts zu erwartender Proteste auf Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Die Delegation besuchte stattdessen am Freitag für ganze drei Stunden Soldaten auf einer US-Militärbasis. Dort stellte der Vizepräsident erstens fest, dass es »arschkalt« in Grönland ist, und teilte zweitens kräftig gegen die dänische Regierung aus, die angeblich zu wenig für die Sicherheit der Region tue. Man könne die Wünsche des amerikanischen Präsidenten nicht einfach ignorieren, sagte Vance.
Doch, kann man. Die Ausrichter des Avannaata Qimussersua ließen laut »New York Times« jedenfalls wissen: »Wir als Volk und als Land werden nicht davor zurückschrecken, zu zeigen und zu verteidigen, dass unsere Lebensweise, unsere Kultur und unsere Identität nicht käuflich sind.«
Mehr Hintergründe hier: »Die einzige Bedrohung sind aktuell die USA«
Eine Militärdiktatur ruft um Hilfe
Seit ich mit der Familie in Kalifornien lebe, bewegen mich Nachrichten über schwere Erdbeben besonders. Sofort ist da dieses Gefühl: Das könnte hier auch jederzeit passieren, »The Big One«, sagen Experten, ist schließlich überfällig. In fast drei Jahren haben wir mehrere Erdstöße erlebt, aber die waren nichts gegen jene Erschütterungen, die nun Südostasien heimgesucht haben.
Myanmar hat es besonders schwer getroffen. Es ist zu befürchten, dass die Opferzahlen dramatisch höher, die Zerstörungen gewaltiger sind, als die Militärjunta bisher preisgibt. Unabhängige Informationen sind aus dem Bürgerkriegsland nur schwer zu bekommen. Man kann nur hoffen, dass die internationale Hilfe am Wochenende schnell anläuft. Dass die Diktatur um diese gebeten hat, ist ungewöhnlich genug und womöglich ein Zeichen, wie verzweifelt die Lage ist.
Auch in Thailand hat das Beben große Schäden verursacht, es gibt Tote und Verletzte. Aus der Hauptstadt Bangkok gibt es etliche Aufnahmen von Augenzeugen, die zeigen, wie ein im Bau befindliches Hochhaus einstürzte und das Wasser aus Rooftop-Pools von Wolkenkratzern herunterrauschte. Meine Kollegin Verena Hölzl wird heute auf SPIEGEL.de ihre Eindrücke aus Bangkok schildern.
Mehr Hintergründe hier: »Wie ein Klettverschluss unter der Erde«
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Verlierer des Tages…
… sind Sie alle. Denn in der kommenden Nacht geht Ihnen eine Stunde Schlaf verloren. Von Samstag auf Sonntag werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt, dann gilt bis Oktober wieder die Sommerzeit. Sollte dieses nervige Uhrengedrehe nicht längst abgeschafft werden? Ja, Sie haben recht, darüber wird schon ewig diskutiert, die Europäische Union hat vor ein paar Jahren sogar das Ende der Zeitumstellung beschlossen. Aber dann machten die Mitgliedstaaten nicht mit, seither liegt die Sache auf Eis.
Sollte Ihnen die fehlende Stunde Probleme bereiten, finden Sie in diesem Text von 2023 ein paar Tipps gegen den Mini-Jetlag.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
Trump schlägt versöhnliche Töne gegenüber Kanada an: Der US-Präsident hat einen Handelsstreit mit Kanada angezettelt. Jetzt hat er erstmals mit Ottawas neuem Premier Mark Carney gesprochen. »Wir sind uns in vielen Dingen einig«, erklärte Trump später.
Musks KI-Firma übernimmt X: Mit einem Aktiendeal hat Elon Musk seinen Kurznachrichtendienst X unter das Dach seiner KI-Firma xAI gebracht. Der Techmilliardär und Trump-Berater bewertet das kombinierte Unternehmen mit 80 Milliarden Dollar.
Brasiliens Nationaltrainer Dorival Júnior muss gehen: 1:4 gegen Argentinien, ausgerechnet in der WM-Qualifikation. Brasiliens Fußballverband trennt sich nach der herben Niederlage des Rekordweltmeisters von Trainer Dorival Júnior. Über die Nachfolge wird bereits spekuliert.
Heute bei SPIEGEL Extra: Verliebt in einen Chatbot – bis in den Tod
Sewell Setzer war ein glückliches Kind. Dann verliebte er sich in einen Chatbot und nahm sich mit 14 das Leben. Seine Mutter verklagt jetzt den mächtigsten Konzern der Welt .
Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Wochenende.
Herzlich,
Ihr Philipp Wittrock, Chef vom Dienst in Los Angeles
Lars Klingbeil, Alexander Dobrindt
Foto: Mike Schmidt / IMAGOEhepaar Vance in Grönland
Foto: Jim Watson / REUTERSZerstörtes Gebäude in der Stadt Mandalay in Myanmar
Foto: AFPPorträt von Setzer mit seinem kleinen Bruder als Baby: Ein Null-Probleme-Kind
Foto: Zack Wittman / DER SPIEGEL