Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich unerwartet verbessert

Zollstreit? Konjunkturflaute? Trotz diverser Krisen hat sich die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen in Deutschland überraschend leicht verbessert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex, als wichtigstes Barometer für die Konjunktur in Deutschland, stieg im April auf 86,9 Punkte, nach 86,7 Zählern im März. Es ist der vierte Anstieg in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte.

Ökonomen dagegen hatten – wohl auch wegen der zahlreichen Krisen – mit einem Rückgang auf 85,2 Punkte gerechnet. Die Unternehmen selbst zeigten sich nun weniger skeptisch bei der aktuellen Lage, blickten aber etwas pessimistischer auf ihr künftiges Geschäft. »Die Unsicherheit unter den Unternehmen hat zugenommen«, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. »Die deutsche Wirtschaft stellt sich auf Turbulenzen ein.«

»In die Zukunft blicken Unternehmen alles andere als zuversichtlich«, sagte auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt bei der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. »Mit dem Zollstreit ist eine hohe Unsicherheitskomponente noch hinzugekommen. Gleichzeitig ist die Last der Bürokratie schwer zu tragen.« Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft seien »unverändert trüb«.

Außenhandel als Risiko

Der Handelsstreit und die Zollankündigungen des US-Präsidenten haben weltweit Sorgen vor negativen Auswirkungen auf den Welthandel geschürt. Donald Trump hatte am 2. April hohe Strafzölle auf Importe aus der Europäischen Union verkündet, diese wenig später aber teilweise wieder ausgesetzt. Die Unsicherheiten treffen die deutsche Wirtschaft hart: Die geschäftsführende Bundesregierung rechnet, wie aus Regierungskreisen berichtet wird, dieses Jahr mit einer Stagnation der Wirtschaftsleistung. Der scheidende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Frühjahrsprojektion am Mittag in Berlin offiziell vorstellen.

Angesichts der stellenweise »apokalyptischen Einschätzungen hinsichtlich der Zollauswirkungen« verhalte sich der Ifo-Geschäftsklimaindex »beinahe konträr«, sagte Thomas Gitzel von der VP Bank. Vielleicht signalisiere der Anstieg, »dass die von den möglichen Koalitionspartnern vorgesehenen wirtschaftlichen Impulse in die richtige Richtung gehen«, spekuliert er. Insgesamt verweist auch er auf den eher eingetrübten Konjunkturausblick: Verbraucher hielten sich aus Angst um den eigenen Job mit größeren Konsumausgaben zurück. Die von der wahrscheinlichen neuen Bundesregierung geplanten Infrastrukturprojekte würden dagegen erst »im kommenden Jahr positive konjunkturelle Impulse setzen«.

Laut Ifo-Institut hängt die überraschend verbesserte Stimmung in der deutschen Wirtschaft vor allem an Dienstleistern und der Baubranche. »Alles, was mit Außenhandel zu tun hat, zeigt hingegen deutlich nach unten«, sagte Ifo-Umfragechef Klaus Wohlrabe. So seien die Geschäftserwartungen in der Industrie eingebrochen, ebenso die Exporterwartungen der Unternehmen. »Das ist ganz klar auf den Zollkrieg zurückzuführen. Der Pessimismus der Exporteure ist deutlich gestiegen.« Auch der Großhandel und der Bereich Transport und Logistik leide. Insgesamt sei die Unsicherheit unter den Firmen deutlich gestiegen – vor allem in der Industrie. »Den Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, ihre eigene Geschäftsentwicklung vorherzusagen.«

Dass sich die Stimmung in der Gesamtwirtschaft zu Beginn des zweiten Quartals aufgehellt hat, geht unter anderem auch auf die Baubranche zurück. »Hier kehrt Hoffnung zurück, auch wegen der geplanten Infrastruktur-Investitionen der künftigen Bundesregierung«, sagte Wohlrabe. Auch im Dienstleistungssektor gehe es nach oben – etwa im Gastgewerbe sowie dem Grundstücks- und Wohnungswesen. »Das sind Bereiche, die nichts mit dem Zollkrieg zu tun haben«, sagte Wohlrabe. »Die deutsche Wirtschaft stemmt sich gegen die Rezession.«

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