Arbeitgeber warnen vor Einheitsgehalt für alle Arbeitnehmer

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnt in der aktuellen Mindestlohndebatte vor einer gesetzlichen Anhebung der Lohnuntergrenze auf 15 Euro pro Stunde. »Eine politisch erzwungene Anhebung auf 15 Euro würde einen Anstieg in nur zehn Jahren von über 76 Prozent bedeuten. Damit können die Tariflöhne nicht Schritt halten«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Oliver Zander, der »Bild «-Zeitung. »Die SPD will offensichtlich alle Arbeitnehmer gleich bezahlen«, sagte er. »Trotz gegenteiliger Schwüre instrumentalisiert sie den gesetzlichen Mindestlohn inzwischen in jedem Wahlkampf.«

Zander warnte, ein Mindestlohn von 15 Euro würde »in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere wirtschaftliche Schäden anrichten«. Die Folge seien massiv steigende Preise, etwa beim Friseur, Bäcker oder in der Kneipe. »Auch viele Geschäftsaufgaben, gerade in Ostdeutschland, weniger reguläre Stellen und mehr Schwarzarbeit wären die Folge«, sagte er.

Seit Tagen gibt es in Union und SPD Streit über den Mindestlohn. Der voraussichtliche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnete eine Mindestlohnerhöhung als nicht sicher, die SPD pocht hingegen auf eine Anhebung auf 15 Euro pro Stunde zum Jahreswechsel – notfalls auch per Gesetz. Zuständig dafür ist eigentlich die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzte Mindestlohnkommission, die den Wert regelmäßig prüft und Anpassungen empfiehlt.

Mindestlohn steigt schneller als die Tariflöhne

Tatsächlich ist der gesetzliche Mindestlohn in den vergangenen Jahren immer wieder angestiegen. Er lag am 1. Januar 2022 bei 9,82 Euro, stieg seit 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro und machte dann am 1. Oktober 2022 einen deutlichen Sprung auf 12 Euro. 2024 lag er bei 12,41 Euro und kletterte Anfang 2025 weiter – auf derzeit 12,82 Euro. Branchenspezifische  Mindestlöhne können noch deutlich darüber liegen. Zander sprach von einem Anstieg um mehr als 50 Prozent seit der Einführung des Mindestlohns 2015. Damals lag er noch bei 8,50 Euro. Die Tariflöhne hätten in der gleichen Zeit aber nur um 29 Prozent zugelegt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Folgen eine weitere Anhebung auf 15 Euro hätte, ist unter Ökonomen umstritten. Während Clemens Fuest vom Münchner Ifo-Institut angesichts der schrumpfenden Wirtschaftsleistung zuletzt eindringlich vor solch einem Schritt gewarnt hat, sieht Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) darin einen Konjunkturanreiz. »Ein Mindestlohn von 15 Euro dürfte sich gesamtwirtschaftlich positiv für die deutsche Wirtschaft auswirken«, sagte Fratzscher der »Rheinischen Post«. Ein höherer Mindestlohn bedeute mehr Konsum und stärkeres Wirtschaftswachstum, Effizienz und Produktivität würden steigen. Manche Länder wie das sozialdemokratisch regierte Dänemark lehnen gesetzliche Lohnuntergrenzen allerdings auch grundsätzlich ab, weil diese die weitverbreiteten und vergleichsweise hohen Tariflöhne gefährdeten.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist vereinbart, dass die maßgeblich von Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Kommission unabhängig von der Politik arbeiten soll. Dabei soll sie sich im Rahmen einer Gesamtabwägung unter anderem an der Tarifentwicklung als auch an der Größenordnung 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren, die eine EU-Richtlinie empfiehlt. »Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar«, heißt es im Koalitionsvertrag. Diese schwammige Formulierung hatte zuletzt zu den Diskussionen über die Lohnuntergrenze geführt .

Den nächsten Beschluss dazu will die Mindestlohnkommission bis Ende Juni 2025 fassen. NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) mahnte deshalb im »Tages«: »Die Mindestlohnkommission muss ein starkes Gremium bleiben, aber auch faire Empfehlungen aussprechen, die die Inflation und die Lebensrealität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich im Blick haben.« 2023 war die Empfehlung der Kommission erstmals nicht im Einvernehmen gefallen. Arbeitnehmervertreter wurden überstimmt.

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