Der eine Torwart verletzt sich, der andere hat nicht seinen besten Tag, und plötzlich steht der Torwarttrainer zwischen den Pfosten: Dank des reaktivierten Carsten Lichtlein, 44 Jahre, hat die MT Melsungen weiter gute Chancen auf das Halbfinale in der European League.
Der Ex-Nationaltorhüter sicherte dem Handball-Bundesligisten bei seinem überraschenden Comeback mit starken Paraden den 28:27 (15:13)-Erfolg gegen das spanische Team von Bidasoa Irun. Das Rückspiel findet in einer Woche in Irun statt. Bester Werfer in Kassel war Ian Barrufet mit sechs Toren.
Vier Paraden, Abwehrquote von 40 Prozent, Matchwinner
Bei Melsungen wurde vor dem Spiel ein Kreuzbandriss bei Torhüter Nebojša Simić bestätigt. Der andere MT-Keeper, Adam Morawski, hatte gegen Bidasoa Irun in einigen Phasen nicht das nötige Glück. So brachte Trainer Roberto García Parrondo in der 42. Minute den ehemaligen Nationaltorhüter und Torwarttrainer Lichtlein ins Tor, bei einem Rückstand von 17:21.
Routinier Lichtlein war nach dem Ausfall von Simić kurzfristig als Backup auf die Bank zurückgekehrt. Mit vier Paraden, einer Abwehrquote von 40 Prozent und seiner emotionalen Art brachte er die MT letztlich zum knappen Sieg. Lichtlein hat 220 Länderspiele für die DHB-Auswahl bestritten, seine aktive Karriere hatte er eigentlich 2022 beendet.
Das Verletzungspech der arg gebeutelten Melsunger kommt eigentlich zur Unzeit. In der Bundesliga liegen sie mit nur zwei Punkten Rückstand und einem Spiel weniger auf Platz zwei hinter den Füchsen Berlin.
Mit Lichtlein scheint Melsungen aber eine Antwort auf die Verletzungssorgen im Tor gefunden zu haben. Und so könnte der Kampf um den Meistertitel in der Bundesliga auch zu einem Familienduell werden. Bei den Füchsen spielt der 22-jährige Nils Lichtlein, sein Onkel ist ein gewisser Carsten Lichtlein, der mit 44 Jahren noch einmal für Furore im Handball sorgt.
Am 29. Mai, dem 31. Spieltag, könnte es sogar zum direkten Aufeinandertreffen in der Bundesliga kommen – wenn Lichtlein auch dann noch als Retter gebraucht wird.
Die Kraft für weitere Einsätze ist bei ihm offenbar vorhanden. »Ich wusste nicht, wie mein Körper reagiert, aber an sich geht's mir super. Ich habe kein Problem gehabt aufzustehen, die Knochen sind alle heile, die Muskeln passen«, sagte Lichtlein dem Sport-Informations-Dienst am Tag nach seinem Comeback.
Carsten Lichtlein mit seinem Nils Lichtlein
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