In Großbritannien ist erstmals die Vogelgrippe bei einem Schaf nachgewiesen worden. Die britische Regierung teilte am Montag mit, dass das Virus bei routinemäßigen Überwachungen von Nutztieren auf einem Hof in Yorkshire festgestellt wurde, auf dem zuvor bereits das Vogelgrippe-Virus H5N1 bei anderen gehaltenen Vögeln bestätigt worden war. Die Regierung betonte, dass es zwar der erste Nachweis von H5N1 bei einem Schaf sei, das Virus jedoch bereits in anderen Ländern bei Nutztieren festgestellt wurde. Es gebe keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für den britischen Viehbestand.
Die Vogelgrippe breitet sich weltweit unter Wildvögeln aus. Das Virus wurde bereits bei zahlreichen Säugetieren nachgewiesen. »Weltweit sehen wir weiterhin Infektionen von Säugetieren mit der Vogelgrippe. Allerdings legen aktuelle Erkenntnisse nahe, dass sich diese Viren nicht leicht auf Menschen übertragen – das Risiko für die Allgemeinbevölkerung bleibt sehr gering«, sagte Meera Chand von der britischen Gesundheitsbehörde UKHSA.
Ziemlich genau ein Jahr ist es her, als die amerikanischen Behörden am 25. März 2024 zum ersten Mal von einer Form der Vogelgrippe bei Milchkühen berichteten. Was ist seitdem passiert, und wie geht es weiter?
Was ist der aktuelle Stand bei der Vogelgrippe in den USA?
Von einer Eindämmung des Ausbruchs kann keine Rede sein. Laut der Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) sind in der aktuellen Welle in den USA mehr als 12.500 Fälle bei Wildvögeln registriert worden. Rund 170 Millionen Nutzvögel wie Hühner oder Enten wurden gekeult. Zudem wurden Ausbrüche in fast 1000 Rinderherden in 17 Bundesstaaten nachgewiesen. 70 Infektionen bei Menschen wurden entdeckt.
Infizierte Rinder haben häufig weniger Appetit und geben weniger Milch. Den Behörden zufolge erfolgte die Ansteckung wohl meist über Wildvögel und wurde dann über Melkmaschinen und Euter weitergegeben.
Anfang des Jahres starb in den USA erstmals ein Mensch nach einer Infektion mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1. Der Bewohner des Bundesstaats Louisiana war nach Angaben der Behörden älter als 65 Jahre und hatte auch andere gesundheitliche Probleme.
Das sind allerdings nur die veröffentlichten Zahlen. In einer kleinen CDC-Studie trugen im September drei von 150 Tierärzten Antikörper gegen das Virus in sich. Dabei hatten zwei von ihnen nach eigenen Angaben gar keinen Kontakt zu infizierten Tieren oder Verdachtsfällen gehabt.
Das Virus müsse also sowohl unter Tieren als auch unter Menschen viel weiter verbreitet sein als offiziell bekannt, schlossen Experten daraus. »Wir kennen das Ausmaß dieses Ausbruchs in den USA nicht«, sagte die Virologin Seema Lakdawala von der Emory University in Atlanta der »New York Times« . »Es gibt offensichtlich Infektionen, die wir nicht mitbekommen.«
Wie bewertet die Gesundheitsbehörde die Lage für die Bevölkerung?
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei bislang nicht nachgewiesen worden, so die CDC. Das Risiko für die Allgemeinbevölkerung sei niedrig, bei den Infizierten handele es sich fast ausschließlich um Menschen mit viel direktem Kontakt zu Rindern oder Geflügel, etwa Farmarbeiter. Die Behörde rät generell, Kontakt zu kranken und toten Tieren zu meiden.
Wie sieht es mit Milch, Fleisch und Eiern aus?
Kommerziell erworbene Milch-, Fleisch- und Eierprodukte seien sicher, da Hitze und Pasteurisierung das Virus eliminierten, betont die CDC. Von Rohmilchverzehr wird allerdings abgeraten. Rinder könnten eine Infektion überstehen und müssten nicht getötet werden, Engpässe bei Rindfleisch oder Kuhmilch müssen deswegen nicht befürchtet werden.
Anders sieht es bei Geflügel aus. Rund 170 Millionen Nutzvögel wurden in den USA seit Beginn des Ausbruchs gekeult. Das ließ den Preis für Hühnerfleisch, vor allem aber auch für Eier, in die Höhe schnellen. Vielerorts sind Eier knapp, Supermärkte verkaufen oft nur noch eine Packung pro Kunde.
Das Thema hat auch politische Brisanz : US-Präsident Donald Trump hatte seinen Vorgänger Joe Biden im Wahlkampf immer wieder für die hohe Inflation verantwortlich gemacht und versprochen, dass mit ihm als Präsident alles billiger werde – bislang ohne Erfolg.
Das brachte ihm Spott der Demokraten ein. Aber der Republikaner Trump betonte wiederholt – ohne Beweise vorzulegen –, es sei Biden anzulasten, dass die Preise für Eier in den USA »außer Kontrolle« seien.
Was haben Trump und Robert F. Kennedy Jr. nun vor?
Der Ausbruch erwischt die USA in turbulenten Zeiten. Die zuständigen Behörden sind nach dem Regierungswechsel teilweise noch führungslos und werden von Sparmaßnahmen gebeutelt. Eine einheitliche Strategie wurde bislang nicht vorgestellt, Trump lässt das Thema soweit möglich links liegen.
Eine der zentralen Fragen betrifft Impfungen: Während die Vorgängerregierung entsprechende Studien in Auftrag gegeben hatte und es sogar schon eine vorbehaltliche Zulassung für einen Impfstoff gab, sieht der neue Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. diese Option deutlich kritischer. Alle seine Behörden würden ihm davon abraten, sagte Kennedy jüngst dem TV-Sender Fox News. Es sei möglich, dass Hühnerställe durch Impfungen zu »Mutationsfabriken« würden.
Wie sehen Experten den Umgang der USA mit der Vogelgrippe?
Viele haben große Sorge – sowohl für die USA als auch weltweit. Aus Deutschland kommt scharfe Kritik: Es sei leider nicht zu erkennen, dass Maßnahmen ergriffen würden, die das Geschehen schnell stoppen würden, sagt Martin Beer, Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald. Den Eindruck, dass in den USA mehr Wert darauf gelegt wird, kurzfristig wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden als eine mögliche weitere Zoonose zu unterbinden, bestätigt der Berliner Virologe Christian Drosten: »Es ist schon frappierend, wie wenig Dateneinsicht und gezielte Infektionsüberwachung stattfindet, sowohl bei Tieren als auch beim Menschen.«
Könnte die Vogelgrippe zur nächsten Pandemie werden?
Das sei völlig unklar, sagt die Weltgesundheitsbehörde WHO. Klar sei aber, dass diese von Tier zu Mensch übertragenen Infektionskrankheiten ein Potenzial dafür tragen – und deswegen gut überwacht und soweit möglich eingedämmt werden müssten. Zudem könne es bei jeder Übertragung zu Mutationen kommen, die die Eigenschaften des Virus verändern – und damit möglicherweise auch das Gefährdungspotenzial für Menschen erhöhen könnten.
So war in den USA beispielsweise kürzlich eine neue Variante bei Kühen erstmals aufgetaucht. D1.1 wurde in Kuhmilch in Nevada nachgewiesen. Zuvor waren Infektionen mit dem Virus auf die Variante B3.13 zurückgeführt worden.
Leeres Eierregal im Supermarkt in Maine: Vielerorts gibt es nur noch eine Packung pro Kunde
Foto: Robert F. Bukaty / AP / dpa