1. Bomben für Boden
In den Verhandlungen über die Beendigung des Ukrainekriegs will US-Präsident Donald Trump eine Einigung mit Russland erreicht haben: »Ich glaube, wir haben einen Deal mit Russland.« Nun müsse er nur noch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj überzeugen, was »schwieriger« sei.
Vielleicht ist es auch deshalb »schwieriger«, weil die USA versuchen, die ukrainischen Interessen zu ignorieren? Der Schweizer Diplomat Thomas Greminger sagt im Interview mit meinem Kollegen Steffen Lüdke, das angegriffene Land werde »sich nicht einfach herumschubsen lassen.« (Zum Interview geht es hier .) Greminger ist der Kopf, der seit Ausbruch des Krieges im Jahr 2022 immer wieder konspirative Treffen zwischen Gesandten Russlands und der Ukraine einfädelte, um einen Verhandlungsfrieden zu erreichen. Er sagt aber auch: »Wenn es einen Verhandlungsfrieden geben soll, wird man auch Rücksicht auf russische Interessen nehmen müssen.«
Derzeit scheint es allerdings noch immer Putins Interesse zu sein »zu töten«, wie es der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak formuliert. Russland setzt seine massiven Angriffe auf Ziele in der Ukraine fort. Wieder wurde Kyjiw angegriffen. Mindestens zwei Menschen kamen nach ukrainischen Angaben ums Leben, 54 weitere wurden verletzt, 38 seien in Krankenhäuser gebracht worden, unter ihnen sechs Kinder.
Auch in anderen Teilen des Landes gehen die Angriffe unvermindert weiter. Offenbar will der Kreml den Druck erhöhen. Dessen Sprecher sagte im Interview des französischen Nachrichtenmagazins »Le Point«, man sei zu einem Waffenstillstand und Friedensabkommen mit der Ukraine bereit, wenn Kyjiw auf die von Moskau annektierten Gebiete vollständig verzichtet.
Auch der Diplomat Greminger sieht das als einen möglichen Weg. Doch wenn es nach ihm ginge, würde die Ukraine die teilweise besetzten Regionen nur »temporär abtreten«. Die Perspektive wäre ähnlich wie nach der Teilung Deutschlands: »Irgendwann, wenn die politischen Verhältnisse es erlauben, könnte es zu einer Wiedervereinigung kommen.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: »Die Ukrainer werden sich nicht einfach herumschubsen lassen«
2. Vergiftete Zustimmung?
In die Karriereplanung von Jens Spahn scheint wieder etwas Bewegung zu kommen. Nachdem er sein Amt als Gesundheitsminister abgeben musste, wurde es etwas still um ihn. Umso lauter versucht er seither, sich im Gespräch zu halten. Seine Aussagen, die AfD bei der Besetzung von Ausschussvorsitzenden im Bundestag zu behandeln, »wie jede andere Oppositionspartei«, scheinen ihm in der Union nicht geschadet zu haben. Im Gegenteil: Die CSU unterstützt offenbar Pläne, Spahn zum Fraktionsvorsitzenden im neuen Bundestag zu machen.
Das überrascht nicht. Spahn zählt in der CDU eher zum rechten Spektrum. Als Fraktionschef könne er dem konservativen Flügel der Partei mehr Gewicht verleihen, heißt es bei den Christsozialen. Zudem habe er zuletzt immer wieder auf Parteilinie der CSU gelegen. Sicher ist die Personalie aber noch nicht. Denn ob auch Friedrich Merz Spahn favorisiert, wie die »Bild«-Zeitung berichtet hat, ist nicht sicher. Die Anzeichen verdichten sich aber, wenn man sich in Parteikreisen umhört.
Meine Kollegin Sophie Garbe und mein Kollege Paul-Anton Krüger aus dem Hauptstadtbüro berichten, Spahn werde in der Union als »Joker« gehandelt (hier dazu mehr ), ein hohes Amt werde er auf jeden Fall bekleiden. In der Fraktion ist er gleichwohl umstritten. Ein gängiger Vorbehalt lautet: Spahn gehe es vor allem um Spahn – und nicht in erster Linie um den Erfolg einer von Merz geführten schwarz-roten Bundesregierung, in der man sich eben auch mit der SPD arrangieren müsse.
Als weiterer Kandidat für das Amt des Fraktionsvorsitzenden wurde der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Thorsten Frei, gehandelt. Er ist enger Vertrauter von Friedrich Merz und hat offenbar großes Interesse an dem Job, weil er gern als Generalist arbeite.
Den Vorstoß der CSU kann man daher auch aus machttaktischem Blickwinkel betrachten: Die Bayern sehen lieber Spahn auf dem Posten, damit man die Fraktion besser unter Kontrolle hat. So lässt sich der Gestaltungsspielraum des mutmaßlich künftigen Kanzlers am besten einhegen. Wenn Markus Söder schon nicht selbst Kanzler werden kann.
Lesen Sie hier mehr: CSU würde Spahn als Fraktionschef unterstützen
3. Jedes Jahr zum TÜV?
Unsere Familie fährt einen 17 Jahre alten VW-Bus. Seit ein paar Jahren schon löst jeder TÜV-Termin bei uns Unbehagen aus. Kommt er durch? Bislang hatten wir dieses mulmige Gefühl nur alle zwei Jahre. Und bislang ging auch immer alles gut.
Doch nun will uns die EU-Kommission jedes Jahr Kopfzerbrechen bereiten. Autos, die älter als zehn Jahre sind, sollen künftig jährlich zur Pflichtinspektion. Dem Vorschlag müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten zustimmen.
Die neuesten Pläne der EU dürften neues Futter für Populisten sein, die Regelungswut, Übergriffigkeit und Bürokratie beklagen. Es würde mich nicht wundern, wenn in sozialen Netzwerken bald Kacheln von AfD und Co. auftauchen, die fordern: Lasst uns unsere Autos, schickt lieber die Brüsseler Bürokraten jedes Jahr zur Hauptuntersuchung!1!!11!
Dabei hat das Ansinnen der Kommission einen ernsten Hintergrund. Sie will die Zahl der Verkehrsunfälle und der Unfallopfer senken und kalkuliert, dass die Einführung jährlicher Prüfungen von Pkw und Kleintransportern zu einem Prozent weniger Verkehrstoten und Verletzten führe.
»Da Autos für den weitaus größten Teil der Todesfälle verantwortlich sind, und selbst wenn technische Defekte nur einen relativ geringen Anteil an den Unfallursachen ausmachen, kann die jährliche Inspektion älterer Autos einen erheblichen Unterschied machen«, so das Argument.
Lesen Sie hier mehr: EU-Kommission plant jährliche Pflichtprüfung älterer Autos
Was heute sonst noch wichtig ist
Trump setzt Unis mit neuen Methoden unter Druck: Der Kampf zwischen Donald Trump und den Hochschulen in den USA geht in eine neue Runde. Der Präsident hat mehrere Dekrete unterzeichnet, die etwa die Finanzierung betreffen. Doch er stößt zunehmend auf Widerstand.
Surferin nach Unfall an Münchner Eisbachwelle gestorben: Eine Woche nach ihrem Unfall an der Eisbachwelle in München ist eine 33-jährige Surferin im Krankenhaus gestorben. Der genaue Unfallhergang wird nach Angaben der Polizei möglicherweise nie geklärt werden können.
Norwegens Staatsfonds startet mit Milliardenverlusten ins Jahr: Der norwegische Staatsfonds soll den Sozialstaat des Landes für künftige Generationen finanzieren, er hält rund 1,5 Prozent an allen börsennotierten Konzernen der Welt. Doch im ersten Quartal verzeichnet der Fonds ein starkes Minus.
Meine Lieblingsgeschichte heute:
Am Samstag wird Papst Franziskus beerdigt, danach beginnt das Konklave. In der Sixtinischen Kapelle wählen 135 Kardinäle seinen Nachfolger.
Livebilder aus der Sitzung der Kirchenoberen wird es nicht geben, denn die Papstwahl findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter strengster Geheimhaltung statt. Nur der Rauch aus dem Schornstein – schwarz oder weiß – wird der Welt verkünden, wann ein neuer Papst gewählt ist. Weißer Rauch: Habemus Papam! Weil wir keinen Einblick ins Innere des Prunkbaus bekommen, auf dessen Fresken Michelangelos »Jüngstes Gericht« zu sehen ist, hat mein Kollege Niklas Marienhagen in einer aufwendigen Animation nachgestellt, wie das Prozedere abläuft.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Schwarzer Rauch, weißer Rauch, bis zu viermal täglich
Was heute weniger wichtig ist
Old but gold: Die Schauspielerin Demi Moore, 62, möchte nicht mehr 21 sein. Bei einer Veranstaltung des »Time«-Magazins sagte sie, Altern sei eigentlich »ein enormes Geschenk«. Moore glänzte zuletzt im Film »The Substance«, in dem sie eine alternde Schauspielerin spielte. Viele favorisierten sie für einen Oscar, sie ging aber leer aus. Nun befinde sie sich in einem »friedvollen Zustand der Akzeptanz und Freiheit«.
Mini-Hohl
Störungsmeldung von ruhrbahn.de: »Aktuell liegt im VRR-Raum eine Störung der Fahrplanauskunft vor. Dies betrifft auch die ruhrbahn.de sowie sämtliche Apps. An der Endstörung wird mit Hochdruck gearbeitet.«
Hier finden Sie den ganzen Hohl.
Cartoon des Tages
Und heute Abend?
Ich bin spät dran, diese Serie zu empfehlen, aber sie ist immer noch in der ZDF-Mediathek abrufbar , und ich habe sie geliebt: »Die Affäre Cum-Ex«. Wenn Sie die miesen Steuertricks von Banken bis dahin nicht so richtig durchdrungen haben, wird Ihnen diese Serie eventuell helfen.
In diesem Wirtschaftsthriller gibt es krasse Szenen der Enthemmung, schrieb mein Kollege Christian Buß in seiner Rezension . Dekadenz und Hybris, wohin man in diesem formvollendeten, achtteiligen Raffke-Panorama schaut.
Ich wünsche Ihnen einen unterhaltsamen Abend. Herzlich
Ihr Janko Tietz, Ressortleiter Nachrichten
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung stand, Demi Moore habe im Film „Brats“ sich selbst als alternde Schauspielerin gespielt. Tatsächlich spielte sie in dem Film „The Substance“ eine alternde Schauspielerin. „Brats“ war eine Doku über sie und andere Schauspielerinnen. Wir haben die Stelle korrigiert.
Ukrainischer Regierungschef Selenskyj, US-Präsident Trump: »Ich halte diese Ungeduld für ein großes Problem«
Foto: Saul Loeb / AFPJens Spahn in Berlin
Foto:Emmanuele Contini / NurPhoto / IMAGO
Hauptuntersuchung eines Autos beim TÜV
Foto: Julian Stratenschulte / picture alliance / dpa[M] DER SPIEGEL; Foto: Franco Origlia / Getty Images
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