Russischer Botschafter will zu weiterer Gedenkveranstaltung

In Deutschland wird in diesem Jahr vielerorts an das Ende des Zweiten Weltkriegs gedacht. Beim Sieg über die Nationalsozialisten spielte auch die damalige Sowjetunion eine entscheidende Rolle. Nun beschießt Russland im vierten Jahr die Ukraine, und deutsche Kommunen ringen mit der Frage: Darf Russland am Gedenken teilnehmen?  

Wenn es nach dem russischen Botschafter Sergej Netschajew geht: Ja. Er will am kommenden Freitag zu einer weiteren Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren kommen. Im sächsischen Torgau wird dann an das Aufeinandertreffen US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten an der Elbe am 25. April 1945 erinnert. Der Botschafter werde »der Einladung der Stadt Torgau Folge leisten und an den geplanten Veranstaltungen teilnehmen«, teilte ein Sprecher der russischen Botschaft in Berlin der Nachrichtenagentur dpa auf Anfrage mit.

An dem Gedenken wird auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) teilnehmen. Nach Angaben der Stadt Torgau wurden keine expliziten Einladungen an die Botschaften verschickt. Die Auslandsvertretungen mehrerer Länder – darunter die russische – seien aber bereits im Februar schriftlich über die öffentliche Veranstaltung informiert worden. Das Vorgehen sei mit der sächsischen Staatskanzlei abgestimmt worden, sagte Torgaus Oberbürgermeister Henrik Simon (parteilos) der dpa.

Kein Rederecht für russischen Botschafter

Die russische Vertretung habe mitgeteilt, dass Botschafter Netschajew teilnehmen werde. Es sei auch nach einem Rederecht gefragt worden. »Das haben wir allerdings ausgeschlagen, um keine Plattform zu geben«, sagte Simon. Bei der Gedenkveranstaltung werden außer Kretschmer ein Vertreter der evangelischen Kirche und der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten sprechen. Anschließend ist eine Kranzniederlegung geplant.

Die USA werden nach jetzigem Stand im Gegensatz zu Russland nicht mit einem offiziellen Repräsentanten dabei sein. »Das US-Konsulat in Leipzig ist in diesem Jahr nicht in der Lage, an der Zeremonie teilzunehmen«, erklärte eine Sprecherin der US-Botschaft in Berlin auf dpa-Anfrage.

Vergangene Woche hatte die Teilnahme Netschajews an einer Gedenkveranstaltung auf den Seelower Höhen östlich von Berlin für Aufsehen gesorgt. Dort hatte vor 80 Jahren die größte Schlacht des Zweiten Weltkriegs stattgefunden, bei der 35.000 sowjetische, 16.000 deutsche und 2000 polnische Soldaten getötet wurden.

Das Auswärtige Amt hatte zuvor in einer Handreichung an Länder, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes davon abgeraten, offizielle russische Vertreter zu Weltkriegsgedenkveranstaltungen zuzulassen. Begründet wurde das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen »instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen« könnte.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hat die Botschafter von Russland und Belarus unter Verweis auf diese Empfehlungen von der zentralen Gedenkveranstaltung am 8. Mai im Parlament ausgeschlossen. Dort wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprechen.

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